Neben meinem Kumpel her spazierend, genossen wir die kühle Abendluft und die ruhige Atmosphäre in der kleinen Stadt. Der Tag war anstrengend gewesen, umso entspannter war der Abend. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt.
Ohne es wirklich wahrzunehmen, überkam mich ein mulmiges Gefühl, als wir uns auf den Heimweg machten. Ich schaute nach hinten, in alle Richtungen, doch das Gefühl ließ mich nicht los. Plötzlich hörte ich ein lautes Hupen. Ich drehte mich wieder um und konnte schon im Augenwinkel erkennen, wie ein Junge, etwa zehn Jahre alt, durch die Luft geschleudert wurde. Sein Aufschrei erschrak mich. Glocken klingelten wie verrückt in meinem Gehirn. Beweg dich, los!, dachte ich. Also ließ ich meinen Kumpel, der genau so erschrocken aussah wie ich, auf dem Gehweg und rannte auf die Straße, wo ein schwarzes Auto abrupt stehen blieb und einige Meter entfernt ein kleiner Junge auf dem harten Boden aufprallte. Er bewegte sich nicht. Alarmiert begab ich mich in seine Richtung und kniete mich vor ihn hin. Seine Augen waren geschlossen, sein Kopf blutete. Eine riesige Platzwunde befand sich am Kopf des Jungen, die wie verrückt blutete. Sofort sprach ich ihn an, während ich nach etwas Ausschau hielt, was ich als Verband benutzen konnte.
„Hey, Junge! Hörst du mich? Kannst du mich hören?“ Doch der Junge blieb bewusstlos. Mir fiel ein, dass ich einen Schal um den Hals trug, den ich eilig abnahm.
„Hey, Mark! Ruf den Krankenwagen an! Schnell!“, rief ich meinem Kumpel zu, der in der Zwischenzeit zu mir geeilt war. Sofort zückte er sein Handy und rief den Krankenwagen mit der Nummer 112. Währenddessen wickelte ich behutsam meinen Schal um den Kopf des Jungen. Dabei achtete ich darauf, dass ich den Stoff an der Stelle der Platzwunde einige Male faltete, damit etwas Druck auf die Wunde ausgeübt wurde, sodass die Blutung stoppte oder sich zumindest verlangsamte. Als ich damit fertig war und der Krankenwagen immer noch nicht erschien, versuchte ich den Jungen wieder wachzukriegen, doch vergebens. Schnell drehte ich den Jungen auf die stabile Seitenlage um, indem ich beide Arme auf die rechte Seite brachte, darauf bedacht, die oben liegende, also die rechte Hand unter das Ohr des Jungen zu legen. Das rechte Bein zog ich am Knie etwas hoch, sodass es einen ungefähren 90-Grad-Winkel ergab. Sofort wandte ich mich wieder dem Kopf des Jungen zu, schob diesen etwas nach oben, damit er nicht erstickte, wenn der Kleine sich übergab.
Ich checkte noch den spontan erfundenen Verband und prüfte nochmal seine Atmung, die zum Glück regelmäßig war.
Ich schaute rüber zu Mark, der mit dem Autofahrer, der den Unfall verursachte, redete. Der Mann hielt sich mit beiden Händen am Kopf und alles, was ich von ihm hörte, waren Wörter wie „Nein!“ und „Das wollte ich nicht!“. Er klang sehr verzweifelt und hatte offensichtlich Angst um den Jungen (oder befürchtete eine Geldstrafe), doch Mark redete auf ihn ein, um ihn zu beruhigen.
Endlich bekamen wir die langersehnte Sirene zu hören und ich erklärte den Sanitätern in Kurzfassung, wie ich mich auf den Jungen gekümmert hatte. Sie nahmen diesen mit und einer sprachen noch mit dem Autofahrer, was genau sie sagten, bekam ich aber nicht mit.
Als der Krankenwagen mit rasender Geschwindigkeit wegfuhr, standen Mark und ich uns wieder gegenüber, nicht wissend, was wir sagen sollten. Schließlich machten wir uns wortlos auf den Heimweg.
Nach einer Weile brach ich das Schweigen und wandte mich an Mark.
„Wo wir sind, da sind auch Probleme. Ich bin dafür, dass wir das Haus nie wieder verlassen“, sagte ich grinsend, während ich mich an den Vorfall von vor gerade mal einem Monat erinnerte. Eine hochgewachsene Frau hatte sich beim Fahrradfahren im Regen das Bein gebrochen, da sie unschön abgerutscht war. Und nun, ratet mal, wer rechtzeitig zur Stelle gewesen war!
Douaa Malahefji, 10a (Schuljahr 2022/2023)