Im Rahmen des Festakts zur Verleihung des 11. Johann-Philipp-Palm-Preises für Meinungs- und Pressefreiheit am Sonntag, 4. Dezember 2022, in der Barbara-Künkelin-Halle in Schorndorf hatten unsere Reporterinnen, Selina Kopp und Douaa Malahefji, die einmalige Gelegenheit, einen der zwei Preisträger zu interviewen. Jacques Vagheni nahm den Preis stellvertretend für CORACON entgegen, einen Verband kommunaler Radio- und TV-Stationen aus dem Kongo.
Wir sind von MPG Aktuell, unserer Schülerzeitung, und freuen uns schon sehr auf das Interview. Wir wollten Sie zuerst fragen, was Sie dazu angeregt hat, Journalist zu werden. Was war Ihre Motivation?
Das ist eine gute Frage. Meine erste Radiosendung, die ich gemacht habe, war zum Thema „Umweltbildung“. Da war ich noch gar kein Journalist. Aber die Leute haben mich oft auf diese Sendung angesprochen, die ich damals gemacht habe, als ich noch gar kein Journalist war. „Ah, du warst doch der, der diese Umweltsendung gemacht hat.“ Und ich war dann auf einmal ganz bekannt in unserem Dorf, also die Leute kannten mich alle, aber ich kannte niemand. Und da habe ich festgestellt, dass das Radio wirklich eine gewisse Macht mit sich bringt.
Das hat mich dann motiviert, die Ausbildung zum Journalisten zu machen. Ich habe da sehr viel gelernt, ich habe viele Praktika gemacht, unter anderem bei der Deutschen Welle. Seit ich als Journalist und im Radio arbeite, habe ich gemerkt, dass es genau das ist, was ich machen möchte, und dass es auch wichtig ist für unser Land. Für unsere Demokratie, denn die Demokratie in unserem Land ist noch sehr, sehr jung, also steckt noch in den Kinderschuhen.
Was bedeutet es Ihnen persönlich und als Organisation CORACON, den Palm-Preis zu erhalten?
Für mich ist es eine sehr große Freude und auch Ehre, dass ich heute den Preis bekommen habe. Und es zeigt einfach, dass all die Anstrengungen, die wir unternommen haben, sich gelohnt haben, und freue mich schon, wenn ich heute Abend meine Frau anrufe und ihr erzählen kann, dass wir den Preis bekommen haben und all das, worin sie mich all die Jahre unterstützt hat, auch am Ende dann ein Erfolg war. Etwas Positives war.
Für unseren Verein, für das Kollektiv, bedeutet das insbesondere, dass wir unsere Position in der Medienlandschaft für uns im Kongo weiter verstärken können. Dass wir bekannter werden dadurch und wir auch junge Journalistinnen und Journalisten dazu motivieren wollen, zu uns zu kommen, bei uns zu lernen, und dazu beizutragen, dass seriöse Informationen verbreitet werden und auch für jeden zugänglich sind.
Hatten Sie schon einmal Zweifel, dass Sie nicht gut genug in Ihrem Job sind, oder hatten Sie schon einmal Angst, es nicht gut genug zu machen?
Ja, also diese Momente hatte ich durchaus, also ich selbst komme aus einem ganz kleinen Dorf im Kongo und jetzt arbeite ich in einer relativ großen Stadt und das ist immer schwierig, weil man in einer großen Stadt auf die Menschen, die aus kleinen Dörfern kommen, oft herabschaut und sie kleiner macht, als sie sind, weil sie nicht aus der Großstadt kommen. Und diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Es ist auch so, dass ich mich gefragt habe – weil ich schon gesehen habe, dass in den Großstädten die Arbeit ein bisschen anders aussieht als bei den Radiostationen, auch die Arbeit als Journalist und dass die ganz andere Praktiken und Techniken anwenden, um Informationen zu verbreiten – und da habe ich mich schon gefragt: „Bin ich jetzt derjenige, der etwas Falsches gelernt hat oder sind die das, die die falschen Methoden anwenden?“ Im Endeffekt habe ich mich dann dazu entschlossen, an meinen Werten festzuhalten und das umzusetzen, was ich gelernt habe in meiner Ausbildung – und das sieh t man auch öfter an anderen kleinen Radios, dass die es tatsächlich schaffen, einen großen Einfluss auf die Großstadt zu haben, und ich denke, es war eine gute Entscheidung.
Warum nehmen Sie denn so viel auf sich
und riskieren so viel, um Informationen zu verbreiten an die einfachen Bürger?
Ich komme aus einer Region, die allgemein sehr gefährlich ist, nicht nur für Journalisten, sondern auch für Bauern, die auf den Feldern arbeiten, für Studenten, für Lehrer, für alle Menschen eigentlich, aber natürlich ganz besonders für die Journalisten, weil wir die Möglichkeit haben, uns auszudrücken und auch das anzuprangern, was uns stört, was schlecht läuft. Deshalb stehen wir besonders im Fokus. Es gab durchaus Momente, in denen ich mich gefragt habe: „Bringt es noch etwas, weiterzumachen? Soll ich noch weitermachen?“ Aber dann haben meine Kollegen und ich relativ schnell gemerkt, dass wir auf keinen Fall aufhören wollen, sondern dass wir weitermachen möchten, weil einfach ein Volk das Recht hat, informiert zu sein, und auch richtig informiert zu sein, das ist ein Grundrecht und das ist etwas, was wir unterstützen und was wir weiter vorantreiben wollen.
Wir bedanken uns recht herzlich für Ihre Zeit. Und vielen Dank auch an die Übersetzerin.
Merci! Danke!
Selina Kopp + Douaa Malahefji, 10a
(Schuljahr 2022/2023)