So, nun wisst ihr was geschehen war. In der Zwischenzeit hatten wir zu Ende gegessen, ich verabschiedete mich von Tami und machte mich auf den Heimweg. Während ich die Straße in Richtung meines Zuhauses entlang schlenderte, schaute ich auf meine Armband-uhr und stellte erstaunt fest, dass es schon Viertel vor vier war. Als ich ein paar Straßen weiter, dieses Mal vor meiner Haustür, anhielt und klingelte, öffnete meine Mutter die Tür. Lächelnd wie immer schaute sie mich an, gab mir einen Kuss auf die Stirn und fragte, wie es in der Schule gewesen war.
„Gut, wie immer“, antwortete ich und ging, nachdem ich meine Sandalen ausgezogen hatte, in mein Zimmer. Dort schloss ich die Tür hinter mir, stellte meinen Schulranzen neben meinem Schreibtisch ab, nahm mir ein Buch in die Hand mit dem Titel „Der Endling“ und öffnete die Türen zu meinem Balkon. Langsam trat ich nach draußen, setzte mich in einen buntgestreiften Hängesitz, der an einem Holzbalken befestigt war und fing an zu lesen. Es war gerade Mitte Mai und das perfekte Wetter zum Draußensein. Mein Balkon lag links von unserem Haus, deshalb war er die meiste Zeit im Schatten und dort war es um diese Jahreszeit am schönsten. Nach einer Weile klopfte es an meiner Zimmertür und meine Mutter kam in mein Zimmer, um mir mitzuteilen, ich solle meine Hausaufgaben machen und für den bevorstehenden Kurztest in Englisch lernen. Also ging ich rein und suchte mir meine Bio-, Englisch- und Mathesachen zusammen. Die Hausaufgaben, die wir heute in Bio und Mathe bekommen hatten, machte ich im Nu, da sie nicht sonderlich schwer waren. Die Vokabeln und Grammatikregeln in Englisch hatte ich auch schnell drauf, da dieses Fach zu meinen Lieblingsfächern gehörte. Bald schon kam mein Vater nach Hause und es gab ein leckeres Vesper. Den restlichen Abend verbrachte ich wieder mit Lesen und Lernen.
Als ich dann gegen später erschöpft in mein Bett schlüpfte, konnte ich jedoch noch nicht schlafen, da mir der heutige Tag immer wieder in Bruchstücken vor Augen kam und mir der Kopf vor lauter Fragen schwirrte. Wer waren die schwarzen Personen gewesen? Woher hatten sie von dem Brief gewusst? Wo waren sie hingegangen? Was sollten wir jetzt nur tun? Unsere Klasse einweihen? Könnten sie helfen? Irgendwann schlief ich dann wohl doch ein, denn am nächsten Morgen wurde ich sanft von meinem schnurrenden, flauschigen, kleinen Kater wachgeschleckt.
Gähnend streckte ich mich im Bett. Es kam mir vor, als wenn ich nur zwei Stunden geschlafen hätte. Ich rappelte mich auf und trottete in die Küche, wo Mama schon mit dem Frühstück auf mich wartete.
„Guten Morgen mein Schatz“, kam fröhlich aus dem Mund meiner Mutter.
Ich konnte nur mit einem verschlafenen „Morgen“ antworten.
Anschließend richtete ich mich, packte meine Schultasche zusammen, verabschiedete mich von meiner Mutter und schwang mich auf mein Fahrrad. In Gedanken versunken radelte ich zur Schule.
Erst als ich dort angekommen war, wurden meine Gedanken unterbrochen, da hier schon mächtig was los war. Schnell schloss ich das Fahrrad ab und eilte in mein Klassenzimmer. Mein Blick schweifte suchend durch den Raum, bis ich Tami entdeckte. Mit schnellem Schritt ging ich auf sie zu und begrüßte sie. Schon klingelte es zum Unterricht. Die Tür ging auf und Frau Schlotterbeck kam herein. Aber nicht alleine, neben ihr stand ein groß gewachsener Junge mit roten Lockenhaaren. Seine Sommersprossen und sein freches Grinsen machten ihn gleich sympathisch.
Die Lehrerin stellte ihn als Sebastian Michel vor. Dieser machte eine tiefe Verbeugung und sagte fröhlich: „Bonjour“. Die Klasse begrüßte den Neuen ebenfalls fröhlich mit „Hallo“, „Bonjour“, „Hey“, „Hi“, „Servus“ und „Moin“. Frau Schlotterbeck unterbrach das Durcheinander und wies Sebastian den freien Platz neben Christoph zu und gab dann bekannt, dass nun der Kurztest geschrieben werde. Ein missmutiges Grummeln ging durch die Reihen. Die Zeit verging wie im Flug und es klingelte zur großen Pause. Als Frau Schlotterbeck das Zimmer verlassen hatte, bildete sich gleich eine große Traube um den Neuen. Dieser beantwortete freundlich alle Fragen und sagte gleich zu Beginn: „Bitte nennt mich Basti. Nur meine Mutter nennt mich Sebastian, wenn es ernst wird.“
Die Klasse lachte und nickte.
Die Pause war viel zu kurz und schon ging erneut die Tür auf und unser Klassenlehrer Herr Blumhardt betrat das Klassenzimmer. Dann teilte er uns voller Eifer mit: „Ich habe eine Überraschung für euch. Wir machen nächste Woche eine Klassenfahrt und ihr dürft euch nun in der Klassenstunde überlegen, wohin wir fahren wollen.“
Sofort fielen Begriffe wie: New York, Paris, Rom und London, doch Herr Blumhardt unterbrach sie sogleich und meinte, es sollte den Rahmen des Realistischen nicht sprengen. Dann hatte Basti die Idee: „Meine Großtante hat ein Ferienhaus in Heideltal, da gibt’s genug Platz für alle.“ Die Klasse mit samt Herrn Blumhardt war von der Idee begeistert.
„Das ist eine tolle Idee Basti. Komm bitte nach der Stunde noch kurz zu mir, dann besprechen wir die Einzelheiten.“
Nachdem dieses Thema nun vorerst abgeschlossen war, hatten wir noch etwas Zeit und Herr Blumhardt fragte, ob es noch was zu klären gibt. Schnell trafen sich Tamis und mein Blick. Tami zögerte, doch dann nickte sie. Ich meldete mich zu Wort: „Tami und ich müssen euch etwas Wichtiges sagen.“
FORTSETZUNG FOLGT
Hannah Bayer, 6d (Schuljahr 2021/22)