Ein stetiges Piepen reißt mich aus dem Schlaf. Langsam strecke ich mich aus. Mühsam öffne ich mit mehrfachem Blinzeln meine Augen und blicke in mein völlig abgedunkeltes Zimmer. Dann setze ich mich nach einigen Minuten des Dämmerschlafs auf und schlage die Bettdecke zurück. Gähnend tappe ich ins Bad und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Nur langsam löst sich die Müdigkeit von mir. Zurück in meinem Zimmer schnappe ich mir meine Klamotten und ziehe mich an. Ich werfe einen Blick auf meinen Rucksack. Mein Geldbeutel? Habe ich. Mein Schlüssel? Am Schlüsselbrett, genau wie die Maske. Schnell gehe ich den Rest meiner Sachen im Kopf durch und hohle meine Kopfhörer vom Nachttisch. Mein Buch liegt umgedreht auf dem Boden. Es muss wohl heruntergefallen sein. Ächzend bücke ich mich und lege es auf seinen ursprünglichen Platz. Mein grummelnder Magen meldet sich zu Wort. Leise drücke ich die Klinke herunter und schleiche aus meinem Zimmer und über den Korridor, vorbei an den Zimmern meines Bruders und dem meiner Eltern. Meine knarzenden schritte wirken ohrenbetäubend laut in der Stille der Nacht. Ich schlüpfe in die Küche und verschließe die Tür hinter mir. Die Kälte des Winters kriecht nun so langsam in meine Knochen. Ich schnappe mir den Wasserkocher und befülle ihn mit Wasser. Ich krame eine Thermoskanne und eine Tasse aus einem der unzähligen Küchenschränke und stelle sie auf die Arbeitsplatte. Nun drängt sich auch das Blubbern des Wasserkochers durch die Stille. Ich krame im Schrank nach meinem Lieblingstee und hänge den Teebeutel in die Tasse. Schon steigt mir der Pfefferminz-Geruch in die Nase. Ich gieße vorsichtig das heiße Wasser in beide Gefäße und gebe etwas Zucker dazu. Dann wende ich mich dem Kühlschrank zu und bereite mein Essen vor. Ich richte mir verschiedene Brote und packe sie mir ein. Ich werde wahrscheinlich erst spät nach Hause kommen. Die tickende Uhr kündigt an, dass mein Tee fertig ist. Ich umfasse die warme Tasse mit beiden Hände und mache mich zurück auf den Weg in mein Zimmer. Ich muss wieder gähnen. In meinem Zimmer angekommen stelle ich die Tasse vorsichtig auf meinem Nachttisch ab und öffne das Fenster, um die stickige Nachtluft aus meinem Zimmer zu vertreiben. Noch ein Gähnen. Ich setze mich mit dem Rücken an das Fußende des Bettes und schnappe mir meinen Tee. Ich schließe die Augen und lausche auf meine Umgebung. Ein stetiges Tropfen. Regen. Dann donnert es. Mittlerweile riecht man das draußen stürmende Gewitter überall in meinem Zimmer. Die vom Regen klare Luft. Auch von draußen verirrt sich kein einziges Geräusch an meine Ohren. Ein und aus, tief ziehe ich die regennasse Luft in meine Lungen. Immer wieder. Aua, ist das heiß! Ich schrecke auf. Vereinzelte Tropfen meines Tees ziehen Kreise in dem Stoff meiner Hose. Ich springe nach einem Blick auf den Wecker auf. Nicht schon wieder! Ich schieße das Fenster und eile in die Küche. Dort stelle ich meinen Tee an die Spüle und schnappe mir Vesper und Thermoskanne, womit ich zu meinem Rucksack eile und es hastig verstaue. Mit einem weiteren Blick auf die Uhr macht sich eine innere Unruhe in mir breit. Mit meinem Rucksack in der Hand gehe ich zur Garderobe und schlüpfe in Jacke und Schuhe. Meine Maske und meinen Schlüssel angele ich mir im Gehen vom Schlüsselbrett und schreite durch unsere Wohnungstür. Ich ziehe mir die Kapuze über meine Haare und streiche mir durch das Gesicht, um vereinzelte Tropfen wegzuwischen. Ich fasse mir an mein Handgelenk. Meine Uhr liegt noch zu Hause. Ich schlage mir – gedanklich aber nur – mit der flachen Hand auf die Stirn. Zwangsläufig trete ich in die vom Regen entstandenen Pfützen und spüre das eiskalte Wasser in meine Hosenbeine sickern. Ohne jegliches Zeitgefühl eile ich weiter. Geradeaus. Überquere Straßen und schlüpfe durch einige Gassen. Die Sonne geht auf und verschieden Geräuschkulissen füllen nun meine Ohren. Nun sehe ich endlich mein Ziel meinen Horizont einnehmen. Unwillkürlich beschleunigen meine Schritte. Noch 500 Meter … 400 … 300 … 200 … Der verlassene Schulhof schiebt sich in mein Blickfeld. Die Schulglocke läutet und macht meine Hoffnungen, doch noch rechtzeitig zu kommen, zunichte.
Selina Kopp 9a (Schuljahr 2021/2022)